Die Stimme Kroatiens

10:11 / 25.09.2023.

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Ganztagsschule - das neue Zuhause

Minister Fuchs zu Besuch in einer Grundschule in Osijek
Minister Fuchs zu Besuch in einer Grundschule in Osijek
Foto: OBŽ / -

Mit dem Herbst startete in Kroatien das Projekt "Ganztagsschule", an dem 62 Grundschulen landesweit teilnehmen. Mit dem Konzept der Ganztagsschule plant man eine Anpassung an das europäische Schulsystem, eine bessere Bildung und dementsprechende Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt. Dem Versuchsprojekt gegenüber kritisch eingestellten Eltern möchte man mit der "richtigen Kommunikation" begegnen und verkauft die wahnwitzige Idee gar noch als familienfreundlich. Hätte man besser mal erfahrene Eltern und Lehrer vorab befragt.


In Deutschland haben wir das Vergnügen der Ganztagsschulen bereits und mir als Mutter stellen sich dabei ebenso die Nackenhaare auf wie bei der Institution einer Tagesmutter (allein schon den Begriff "Mutter" für eine fremde Betreuungsperson für die Allerkleinsten zu missbrauchen, widerstrebt mir als Mama durch und durch). Bei uns werden die Ganztagsschulen dankbar und freudig angenommen und das übrigens auch von Elternhäusern, wo die Mütter den ganzen Tag zuhause und nicht berufstätig sind, sich also eigentlich selbst um ihre Kinder kümmern könnten. Doch glauben Sie es oder nicht: Viele Mütter heutzutage möchten das schlicht nicht, weil es ihnen zu anstrengend ist. Mir zerbricht das Mutterherz, ich kann eine solche Denkweise nicht im Ansatz nachvollziehen. Man fragt sich hier, warum sich manche Menschen überhaupt Kinder wünschen?


Dass das Angebot von Ganztagseinrichtungen in der heutigen Zeit besteht, ist sicher sinnvoll und in vielen Fällen notwendig, dass es jedoch, wie in unserer Stadt, verpflichtend für alle Schüler ist, ist eine übergriffige und unerhörte Frechheit. Nicht einmal im Kindergarten bekommen Sie noch reine Vormittagsplätze, wobei es einem glücklicherweise freisteht, ob man die 35- und 45-Stunden-Plätze voll ausschöpft oder nicht. Nicht so in der Schule. Die hiesigen weiterführenden Schulen sind allesamt Ganztagsschulen und tatsächlich für alle Kinder verpflichtend. Ob Sie um die Ecke wohnen oder nicht und Ihre Kinder gerne selbst betreuen würden, spielt überhaupt keine Rolle. Ihr Kind hat den ganzen Tag in der Schule rumzuhängen. Nun ist fast die Hälfte der Zeit natürlich auch mit Pausen, Freizeit-, Lern- und Hausaufgaben-Angeboten gefüllt, aber dennoch bleibt ja der schulische Charakter, wenn alles zwangsläufig im Rahmen der Bildungseinrichtung abläuft. Welches Kind verbringt denn gerne acht Stunden täglich in der Schule? Freunde hin oder her. Man pflegt ja nicht ausschließlich in der Schule Freundschaften. Hobbys müssen - falls überhaupt möglich - ebenfalls in die frühen Abendstunden oder auf's Wochenende verlegt werden, Geburtstage, Treffen, spontane Unternehmungen und Familienzeit - kommt alles zu kurz, falls es überhaupt noch stattfindet.


Die Sozialisierung und Bildung erfolgt nicht mehr im Elternhaus und in einem selbst ausgewählten Umfeld, sondern unter zwanghaften Strukturen, bei denen man einer Gleichmacherei hinterhereifert, die abträglich anstatt förderlich für ein individuelles Fortkommen ist. Und das unter Zuhilfenahme teils suspekter Weltbilder, die man den mehr oder weniger geformten Kindern subtil schmackhaft zu machen versucht. Zudem entsteht an vielen deutschen Schulen optisch inzwischen eher der Eindruck einer Bildungseinrichtung in Kabul. Aber das nur am Rande.


In meinen Augen ist für Kinder jeden Alters Halbtagsunterricht mehr als ausreichend. Aber klar, mit der Verfrachtung der lästigen Kinder in Verwahr... ähm Bildungseinrichtungen sind neben den Vätern auch die Mütter glücklicherweise in der Lage, rund um die Uhr für zu wenig Geld zu arbeiten, anstatt ihren Kindern den sicheren und schönen Hafen Zuhause zu bieten... der aus mehr als einem Dach über dem Kopf besteht. Nämlich aus Zuwendung, Liebe und Zeit! Doch die verbringt die komplette Familie, angefangen vom Baby bei der TAGESMUTTER über das Kleinkind in der KinderTAGESeinrichtung bis hin zu den Großen in der GANZTAGSschule und beiden Eltern auf der Arbeit und bei Nebenjobs, damit das Geld reicht, aushäusig. Wie schön. Dass die heutigen, ohnehin schon chaotischen, Familienstrukturen mächtig ins Wanken geraten, verwundert da nicht. Vielleicht sollte die Politik ihren Fokus lieber darauf legen und Familien stärken, anstatt sie immer mehr auseinanderzuzerren. Unerträglich, dieser "Ganztag". Jeder sollte seine Zeit so füllen können, wie es am besten in sein persönliches Konzept passt. Und zwar ganztags.


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