Die Stimme Kroatiens

18:32 / 17.10.2025.

Autor: M.P.

Zagreber Stadtversammlung benennt Straßen um – heftige politische Debatte über Vergangenheit und Ideologie

Otvoreno o preimenovanju ulica u Zagrebu
Otvoreno o preimenovanju ulica u Zagrebu
Foto: Otvoreno / HRT

Die Zagreber Stadtversammlung hat am Freitag mit 24 Stimmen dafür und neun dagegen beschlossen, vier Straßen umzubenennen, die – laut Bürgermeister Tomislav Tomašević – nach Personen benannt waren, die mit dem NDH-Regime (Unabhängiger Staat Kroatien 1941–1945) in Verbindung standen. Der Beschluss löste heftige politische Auseinandersetzungen zwischen der Regierungsmehrheit und der Opposition aus.

Die betroffenen Straßen befinden sich im Stadtteil Ivanja Reka (Bezirk Peščenica – Žitnjak). So wurde die Ulica Vladimira Arka in Ulica Srećka Lipohara (nach einem kroatischen Kriegsveteranen) umbenannt, die Ulica Antuna Bonifačića in Ulica Sidonije Erdődy Rubido (nach der ersten kroatischen Opernsängerin).


Die Ulica Filipa Lukasa trägt künftig den Namen der Schriftstellerin Nada Iveljić, während die Ulica Ivana Šarića nach dem kroatischen Fußballer Josip Kuže benannt wurde.


Scharfe Kritik der Opposition


„Wir halten diesen Vorschlag für unbegründet, oberflächlich und ideologisch motiviert“, sagte Mislav Herman (HDZ), Vizepräsident der Stadtversammlung.


Bürgermeister Tomislav Tomašević entgegnete daraufhin:


„Der Vorschlag der HDZ-Abgeordneten, diesen Punkt von der Tagesordnung zu streichen, ist unglaublich. Gerade die HDZ-Vertreter haben auf Ebene des Stadtbezirks und sogar des Ortsrats für die Umbenennung gestimmt. Offenbar wissen sie selbst nicht, wer bei ihnen das Sagen hat.“


Marija Selak Raspudić, Vizepräsidentin der Stadtversammlung, bezeichnete die Maßnahme als „skandalös aus Sicht demokratischer Prinzipien“.


„Man kann Menschen nicht aus den Straßennamen tilgen, nur weil sie Sympathien für bestimmte historische Personen oder Ideen hatten“, sagte sie. Die Stadtversammlung sei „keine Lustrationskommission“.


Sie warf der Regierungsmehrheit vor, mit solchen Themen nur von finanziellen Fragen abzulenken:


„Ein bisschen Ustascha, ein bisschen Partisanen – und am Ende reden wir über Straßennamen, statt über das Geld, das aus den Taschen der Bürger in unsere eigenen geflossen ist.“


Hasanbegović: „Angriff auf das nationale Gedächtnis“


Der Stadtabgeordnete Zlatko Hasanbegović (Blok za Hrvatsku) bezeichnete die Umbenennungen als „vom jugoslawisch-kommunistischen Geist inspirierten Angriff auf das kroatische nationale Gedächtnis“ und sprach von einer „Versammlungs-Exekution ihrer nationalen Symbole“.


Er warf der Regierungsmehrheit vor, ihre Macht zu missbrauchen:


„Sie haben die Macht, ihren Willen durchzusetzen – aber die Zeit wird kommen, in der die Folgen dieses antikroatischen Handelns rückgängig gemacht werden. Dann werden kroatische Größen, nicht mehr am Rand, sondern im Zentrum Zagrebs, die Straßen erhalten, die sie verdienen“, sagte Hasanbegović und warnte: „Der Knüppel, den ihr in der Hand haltet, hat zwei Enden.“


Neue Parks nach Künstlerinnen und Intellektuellen benannt


Die Stadtversammlung beschloss außerdem die Benennung mehrerer neuer Parks:


In Trnje entstehen der Park Elze Kučere (Psychologin, Philosophin und Bibliothekarin) sowie der Park Nives Kavurić-Kurtović (Akademikerin und Malerin).


In Trešnjevka – jug wird der Park Stanke Kovačić in der Mühlen (Architektin und Malerin) benannt, und in Peščenica – Žitnjak der Park Vesne Krmpotić (Schriftstellerin).


Streit um Gehalt für Vizepräsidentin Marina Ivandić


Ebenfalls umstritten war die Entscheidung, dass Marina Ivandić (Možemo!), Vizepräsidentin der Stadtversammlung, ihre Funktion künftig hauptberuflich ausübt – mit einem Nettogehalt von 3.600 Euro. Der Beschluss wurde mit 24 Stimmen dafür, sieben dagegen und einer Enthaltung angenommen.


Der parteiunabhängige Abgeordnete Trpimir Goluža kritisierte die Entscheidung scharf:


„Marina, bist auch du jetzt auf den Geschmack gekommen, dich vom Stadthaushalt aushalten zu lassen? Du bist fähig genug, dich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten – warum also dieser Posten durch die Hintertür?“


Ivandić verteidigte ihre Entscheidung:


„Wir sind überzeugt, dass neben der Stadtverwaltung auch wir, insbesondere die Mehrheit, die dies den Bürgern versprochen hat, stärker zur Einbindung der Öffentlichkeit beitragen können. Wir wollen in der Stadtversammlung einen Raum schaffen, in dem über Themen gesprochen wird, die für die Lebensqualität der Bürger wirklich wichtig sind.“


Der politische Schlagabtausch um die Straßenumbenennungen zeigt erneut, wie tief die historischen Spaltungen und ideologischen Fronten in der kroatischen Gesellschaft noch immer verlaufen – selbst dann, wenn es „nur“ um die Namen von Straßen geht.

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