Die Männer, die jeden ersten Samstag im Monat an verschiedenen Orten Kroatiens zum öffentlichen Gebet zusammenkommen, spalten die kroatischen Gemüter. Dabei scheint das Verhältnis von Befürwortern und Gegnern dieser speziellen Gebetsaktion in den sozialen Medien ausgewogen, doch politisch, gesamtgesellschaftlich und auch medial mit einer ablehnenden Haltung zu dominieren. Gott sei Dank, möchte man ausrufen. Auch der Allmächtige scheint den Wahn dieser Herren ungläubig zu belächeln und - gekonnt abzuschmettern. Wenn Beten nur so einfach wäre…
Die Aktion „Sei ein Mann“ wird von der Bruderschaft „Ritter des unbefleckten Herzens Mariens“ organisiert. Man(n) betet dabei den Rosenkranz unter anderem „zum Zwecke der Heimat, des Friedens und der Bekehrung des kroatischen Volkes, für Männer, um geistliche Autoritäten in der Familie zu werden, für das Leben in vorehelicher Keuschheit und Keuschheit in Kleidung und Verhalten, für die Erneuerung katholischer Ehen, für das Ende der Abtreibung oder authentische und kompromisslose Gemeindepfarrer“ – was auch immer das explizit heißen mag. Auch „für die Seelen im Fegefeuer“ beten die Männer, was bei näherer Betrachtung der Bruderschaft keineswegs verwundert und wahrscheinlich deren größte und dringlichste Bitte darstellen dürfte. Es ist sicherlich strittig, ob man der Gruppierung überhaupt eine Plattform bieten sollte. Aufgrund deren (potenziell) gefährlicher Ansichten kann diese jedoch gar nicht groß genug sein. Wie gut also, dass in einer Demokratie grundsätzlich jeder seine Meinung frei äußern und sich von anderen selbst überzeugen darf!
Interessant ist zum Beispiel der Aspekt, dass die Gruppe die Ansicht vertritt, Eheprobleme gehörten nicht an Dritte, respektive Außenstehende weitergetragen und sollten ausschließlich mit dem Ehepartner (das dürfte vor allem in Co-Abhängigkeiten spannend sein), einem Geistlichen oder Therapeuten besprochen werden. Vermutlich nur solchen aus den eigenen Reihen, um den individuellen Geist aus dieser Ideologie nicht entkommen zu lassen. Im Gegenzug aber dürfen höchst intime Dinge wie Krankheiten, worunter man dort übrigens auch Homosexualität zählt, öffentlich breitgetreten werden. Es fällt jedenfalls auf, dass gehäuft von ehemaligen Homo-, Drogen-, Alkohol- oder Pornografie-Erfahrungen die Rede ist. Von Männern wohlgemerkt. Allesamt nun laut Selbstauskunft geheilt und gereinigt. Toll. Da dürfen sich die enthaltsamen, artigen Frauen aber freuen auf die Auswahl solch erfahrener Herren, die sie künftig „als Familienoberhäupter“ durch's Leben führen sollen. Wobei es eine Auswahl in dem Sinne ja auch nicht zu geben scheint. Ist ja alles vorbestimmt. Empfangen werden diese Botschaften - oh Wunder - ebenfalls von Männerseite. So der erste Eindruck deren Internetpräsenz.
Damit die gute Ehefrau auch als solche bezeichnet werden kann, helfen ein paar wohlgemeinte, von der Organisation geteilte Tipps eines weiteren Portals, etwa zum Thema Treue, weiter, um diese erfüllende Lebensaufgabe auch bewerkstelligen zu können. Flirts, Chats oder Treffen mit dem anderen Geschlecht sollten demnach tabu sein, ebenso wie es sich nicht ziemt, dem anderen Geschlecht zu vertrauen. Des Weiteren gehört zur treu-liebenden Ehefrau die „Bereitschaft zur sexuellen Intimität“ und dass sie ihren Mann niemals „vom Thron stößt“, das heißt, niemanden, nicht einmal ihre eigenen Kinder, über ihn stellen soll. Dieser von der Organisation so dankbar geteilte Leitfaden als Hilfestellung für ein treues Eheleben gilt übrigens erstaunlicherweise ebenso für Ehemänner, für die das Herabstufen der eigenen Kinder im Gegensatz zu ihrer Frau womöglich machbar ist. Eine Mutter aber, die es fertigbringt, ihren Partner über ihre Kinder zu stellen, hat in der Tat die höchste Stufe der (Selbst-)Aufgabe für ein vorgeblich christliches Leben erreicht. Nur legt sie in dem Fall nicht ihr Leben und das ihrer Kinder in Gottes Hand, sondern lediglich in die ihres machtbesessenen, da offenkundig schwachen, Mannes. Der Aufruf „Sei ein Mann“ passt hier tatsächlich außerordentlich gut. Nämlich am besten einer, der sich niemals auch nur ansatzweise zwischen eine Mutter und ihr Kind stellt! Ein MANN kann damit nicht nur sehr gut umgehen, sondern bewundert und liebt seine Frau vor allem für ihren unermüdlichen Einsatz und Schutz ihres geborenen Lebens. Vor fragwürdigen Ideologien zum Beispiel, die dem Glück, der Freiheit und von Herzen kommender, aufrichtiger und ehrlicher Liebe im Wege stehen.
Als suspekt darf vor allem die immer wiederkehrende Schuldzuweisung an die Frau ob der „ganz natürlichen“ männlichen Fehltritte (der Vorzeigechristen) bewertet werden. So zieht man etwa die Geschichte von David und Bathseba (aus dem Alten Testament natürlich) heran, um auf die „große Verantwortung“ der Frau hinzuweisen. Gemeint ist die Verantwortung, die sie durch Kleidung und Verhalten quasi per Geburt für die Penisse dieser Welt trägt. Die nur konsequente Schlussfolgerung daraus ist, dass Frauen es selbst schuld sind, wenn sie vergewaltigt werden, so wie ein junger Mann in einem Interview mit dem Leiter der Organisation übrigens bekräftigt, indem er sich darüber wundert, wenn „eine spärlich bekleidete Frau über unmenschliche Behandlung schockiert“ sei und „wie sie erwarten könne, dass man sie so (ohne den geringsten Respekt vor dem eigenen Körper) gekleidet nicht als Stück Fleisch betrachten werde“. Da braucht es das sympathische Bürschlein umgekehrt auch nicht zu wundern, wenn man ihn und seinesgleichen als „Taliban“ betitelt, wie es in den sozialen Medien mehrfach vorkommt. Auch in diesen Kreisen macht man „Ehre“, „Reinheit“ und „Sünde“ schließlich vornehmlich an der Sexualität der Frau fest, hält diese unter dem Vorwand des Schutzes klein (Respekt ist dort wie hier ein wichtiges männliches Bedürfnis) und macht sie in jeder Hinsicht abhängig und gefügig. Besagten jungen Mann „ärgert“ an Frauen übrigens „am meisten unangemessene Kleidung und das Aufzwingen falscher Bilder über Männer“, wie er weiter fortführt. Und ist es nicht die unangemessene Kleidung oder unzüchtiges Benehmen, sodann vielleicht ein Mittagessen, eine Chatnachricht, eine nicht von beiden Ehepartnern unterschriebene Grußkarte, ein Witz oder ein bloßer Blick, das dem armen, hilflosen Mann falsche Signale sendet und somit sein Geschlechtsteil magnetisch in ihres führt? Keine Sorge – lässt sich wegbeten. Und zur Vermeidung weiterer Fauxpas aufgrund „verdorbener Bilder, von denen die Männer hart getroffen werden“ (wie es an anderer Stelle heißt), kann man sich ein paar Ratschläge zur „Augenüberwachung“ zu Herzen nehmen, die es den Herren aus einem weiteren anderen Portal zu übersetzen wert waren. So muss man lediglich seine Lieblingsserie aus seinem Leben streichen, wenn diese alle 5 Minuten eine Sexszene zeigt, seinen Blick notfalls gen Boden richten und problematische Orte, wie etwa den Strand, meiden. Auf die Blicke ist überhaupt stets zu achten. Sie sollen das Herz verunreinigen und der erste Schritt zum Sündigen gegen die Treue sein. Schließlich „scheitern viele Ehen an körperlichem Ehebruch, besonders [sic!], wenn der treue Ehepartner dem Untreuen nicht vergeben will.“. [Raffiniert!] Pornografie ist beim Thema Sünde selbstredend ein besonderer Dorn im Auge des fundamentalistischen Betrachters. Da passt auch nicht in sein Konzept, dass sich Paare eventuell sogar zusammen diesem „Dämon der Lust“ hingeben. Wer Lust als Dämon bezeichnet, scheint von einem prickelnden und erfüllenden Sexleben und einem gesunden Verhältnis zum eigenen Körper weit entfernt zu sein (lustvolle Laute beim gemeinsamen Vergnügen (?) demnach wahrscheinlich ebenfalls ausgeschlossen – der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail). Das bestätigen die zahlreichen Ratgeber zum Thema Masturbation, Homosexualität, Keuschheit, Reinheit und zu anderen Aspekten, die den Kampf gegen sich selbst wohlmeinend unterstützen sollen. Lässt sich alles wahlweise weg- oder herbeibeten, tolle Sache.
Wenn man sich anders nicht zu helfen weiß, ist Beten eine Option. Und richtige Verzweiflung macht selbst das hellste Köpfchen für derartige Gemeinschaften empfänglich, die sich ob ihrer eigenen Anfänge aus diversen Sümpfen des Lebens heraus natürlich darüber im Klaren sind und seelisch angegriffene Menschen daher (psychologisch mehr oder weniger gewitzt) für ihre kruden Theorien sicherlich zu missbrauchen wissen – wenn sie es gar mit der Heiligen Mutter schon tun. Menschen in Notlagen scheinen ohnehin ein gefundenes Fressen zu sein, wenn man sich außerdem die (ebenfalls gutgemeinte und übrigens mitunter die Aktion „Sei ein Mann“ finanziell aus Spenden unterstützende) Initiative „40 Tage für das Leben“ näher anschaut. Ebenso wie bei harmlos anmutend betenden Männern auf dem Zagreber Ban-Jelačić-Platz mag man sich beim Einsatz für das (un)geborene Leben zunächst nur Gutes denken. Man muss jedoch kein Abtreibungsbefürworter sein, um es als höchst übergriffig zu erachten, wenn vornehmlich männliche Zeitgenossen betend vor Abtreibungszentren herumlungern und Frauen in dieser ohnehin schon prekären Lage auflauern, um sie psychisch zusätzlich unter Druck zu setzen. Ein ungeheuerlicher Übergriff auf die intimste Privatsphäre der Frau. Es ist unstrittig, dass eine Abtreibung eine Tötung und nicht gutzuheißen ist und man darf sicherlich davon ausgehen, dass betroffene Frauen eine solche Entscheidung nicht leichtfertig treffen und aufgrund dieses innerlichen Kampfes einhergehend mit vermutlich schrecklichen Erfahrungen und Traumata „gestraft genug“ sind. Wie man(n) sich da anmaßen kann, auch nur einen Funken Mitspracherecht (über den Körper der eigenen Ehefrau hinaus) auch an fremden Frauenkörpern zu besitzen, ist unerhört. Ja, es geht um Leben und nichts schmerzt mehr in der Seele, wenn dieses absichtlich ausgelöscht wird. Vergessen darf man dabei zeitgleich nicht, dass es in jedem Einzelfall um mindestens zwei Leben geht, die – gerade von Unbeteiligten – nicht gegeneinander ausgespielt werden können. So schmerzvoll das ist! Froh und dankbar sollten wir sein, dass eine Frau heutzutage selbst über ihren Körper entscheiden darf!!! Und in einer solch schlimmen Lage gehört sie als letztes in die Hände religiöser Extremisten und deren fanatischer Anhängerschaft, sondern ausschließlich in ihr vertrautes Umfeld und zu eigens ausgewählten medizinischen und psychologischen Fachkräften – in einem geschützten Raum. Man stelle sich vor, es würde sich tatsächlich ein Abtreibungsverbot durchsetzen. Wozu wäre eine verzweifelte und gesellschaftlich derart stigmatisierte Frau da noch in der Lage? Gruselig! Beim Kampf für (jedes!) Leben vergessen selbsternannte Lebensretter übrigens neben finanziellen und sozialen Aspekten offensichtlich etwa medizinische oder kriminologische Indikationen für eine Abtreibung. Dazu lässt sich allein die Aussage finden, dass auch eine mögliche Lebensgefahr für die Frau bei Fortführung einer Schwangerschaft kein Grund für eine Abtreibung sei. Gott wird es schon richten. Interessant, dass eine Ehefrau in diesem Fall plötzlich doch nicht mehr an erster Stelle zu stehen scheinen soll. Betet man sich eben zurecht, wie`s gerade passt. Wenn man bedenkt, dass es Frauen in Kroatien in der Praxis ohnehin schon erschwert wird, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, ist die Vorstellung, dass diese obendrein noch mit dem Aufschlagen fremder Männer mit pathologischer Religiosität vor den wenigen infrage kommenden Krankenhäusern rechnen müssen, ein wahrer Graus.
Es spricht nichts gegen Keuschheit vor, während oder nach der Ehe, ebensowenig wie gegen „dezente Kleidung“, ununterbrochenes Beten oder die völlige Hingabe zum Ehepartner (wenn denn beide voll und ganz dahinterstehen und jederzeit die Möglichkeit haben, aus diesem speziellen Vertragskonstrukt problemlos und ohne jede Behelligung „im Namen der Sache“ auszusteigen!). Wenn es jedoch als einzige Wahrheit und somit als einzig erstrebenswerter Lebensweg propagiert und proklamiert wird, nimmt das Ganze mindestens sektiererische Züge an, die es mit Vorsicht zu „genießen“ und vielleicht besser zu beobachten gilt. Doch seien Sie gewarnt: Bei der näheren Betrachtung der geistigen Ergüsse der knienden Vereinigung besteht ein hohes Risiko, dass Sie sich – vor allem als Frau – dankbar auf Knien darüber erfreuen, sollten Sie alleinstehend und jederzeit imstande für unverbindlichen Spaß sein; getreu dem sowohl auf dubiose Gruppierungen als auch auf Eheschließungen passenden Motto: Drum prüfe, wer sich ewig bindet… ob sich nicht doch was Besseres findet. Amen. Und Halleluja für die Erlösten!
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