Die Stimme Kroatiens

15:09 / 15.04.2022.

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Vom Glauben abgefallen?

Kirche Kastel-Sucurac

Kirche Kastel-Sucurac

Foto: Dana Jungbluth / HRT

In der Karwoche beschäftigen mich in diesem Jahr vorrangig Gedanken um die Kirche.


So flatterte dieser Tage die Meldung bei mir herein, dass in Deutschland inzwischen die Kirchenmitglieder nur noch eine Minderheit darstellen, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass viele Menschen aufgrund der Missbrauchsskandale austreten, keine Kirchensteuer mehr zahlen möchten, einfach nicht glauben oder ihre Kinder zwecks späterer, eigener Entscheidung gar nicht mehr erst taufen lassen.

So sehr ich Ersteres vor allem sehr gut verstehen kann, so traurig macht mich zeitgleich diese Entwicklung. Diejenigen, die aufgrund der steten Missbrauchsfälle aus der Kirche austreten, begründen diesen Schritt - zu Recht - mit ihrer Art von Antwort auf diese widerlichen Verbrechen. Und damit, dass sie - ebenfalls berechtigt - keine Kirche benötigen, um mit Gott sprechen und verbunden sein zu können. Manche wiederum besuchen ohnehin nie die Kirche oder finden sich selbst im christlichen Glauben nicht wieder. Was auch immer den Einzelnen zu einem Kirchenaustritt treibt - die Gemeinde schrumpft kontinuierlich. Weniger Menschen, die zum Beten zusammenkommen, Glaube schwindet aus dem Alltag, gerät in Vergessenheit, Festtage verlieren zusehends an Bedeutung.


Die Kirche weiß natürlich um diese Problematik, es bleibt die Frage, ob sie genug dagegen unternimmt. Zumindest in meiner Gemeinde ist das Thema stets präsent - ob im Gottesdienst, in den Pfarrnachrichten, in Gesprächen mit den Seelsorgern oder in Fürbitten. Selbst bei der Beichte mit Kindern reagiert man auf den zunehmenden Vertrauensverlust, indem man Kinder und Priester zwar ungehört, aber sichtbar für alle Begleiter, das Gespräch führen lässt. Ich finde es gut, dass bis in die kleinsten Gemeinden hinein auf die Lage reagiert wird, den Eindruck eines Generalverdachts entstehen zu lassen, empfinde ich hingegen als traurig. Ebenso wie die Tatsache, dass die Jugend fast komplett der Kirche fernzubleiben scheint.

Ich habe noch nie so viele junge Christen andächtig und ehrfürchtig beten gesehen wie in Kroatien. Dies scheint nicht nur bei Messen der Fall zu sein. Auch an anderen heiligen Orten sind betende junge Menschen in Kroatien keine Seltenheit. Ein Bild, das man in Deutschland nicht einmal in Messen zu Gesicht bekommt, selbst, wenn die Jugend einmal anwesend ist. Aber woran liegen diese Unterschiede? In Kroatien ist es beispielsweise keine Frage des Ob-Taufens, sondern einzig des Wanns. Glaube ist dort zu jeder Zeit und allerorts im Alltag präsent, bietet den Menschen eine Orientierung, Zuversicht und schöpft Liebe aus den Herzen. Kein Wunder also, dass man an diesen Werten über Generationen hinweg festhält, sie pflegt, schätzt und ehrt. Der gut gemeinte Plan, sein Kind beizeiten selbst über einen Glaubensweg entscheiden zu lassen, mag liberal und zeitgemäß klingen, nur realistisch erscheint er nicht, gibt man seinem Kind in dieser Richtung nichts mit auf den Weg. Wofür soll es sich also eines Tages entscheiden, hat es bis dahin nur theoretisch von den einzelnen Glaubensrichtungen gehört? Glaube ist keine Wissenschaft. Glaube ist Wegweiser, Kraft, Entwicklung, Gemeinschaft und somit Zukunft. Er sollte vorgelebt, weitergegeben und zusammen gestärkt werden. Glaube und kirchliche Gemeinschaft verbinden selbst die unterschiedlichsten Menschen miteinander, was nicht unwesentlich zu gesellschaftlichem Zusammenhalt und dem füreinander Einstehen beiträgt. Nächstenliebe, wie Jesus sie uns vorgelebt und aufgetragen hat.

Auch die Geistlichen, die das Wort Gottes nicht nur verkünden, sondern vielmehr leben, erfüllen in meinen Augen einen unverzichtbaren Dienst, der zur Vertiefung der eigenen Beziehung zu Gott in Anspruch genommen werden sollte und dem Dank und Respekt gebührt. Meiner Meinung wäre es gerade in der jetzigen Zeit vonnöten, die kirchliche Gemeinschaft weiter wachsen zu lassen und zu stärken, gemeinsam dem Bösen zu widersagen, Veränderungen und Gerechtigkeit herbeizuführen und - unseren Kindern für ihr Leben das Wichtigste mit auf den Weg zu geben: Glaube, Liebe und Hoffnung. In Gemeinschaft und an wundervollen und bedeutsamen Orten der Kirche.

Keine Zeit eignet sich besser dazu, den eigenen Glauben zu reflektieren und mit der Kirche ins Gespräch zu gehen, als die Ostertage. Der christlichen Gemeinschaft ist eine Auferstehung sehr zu wünschen, ein Gebet dafür lohnenswert.

Frohe Ostern Ihnen und Ihren Liebsten!


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