Weg mit Steinmauern
Foto: Dana Jungbluth / HRT
Manchmal muss man sich leider Dinge eingestehen, die andere Menschen einem vielleicht schon vorgehalten haben, man selbst aber nie wahrhaben wollte. Oder schlicht nicht so dramatisch betrachtet hat wie etliche theatralische Mitmenschen. Bei mir ist es so: Ich bin kompliziert. Unerträglich für die meisten. Nervig bis zum Erbrechen. Ja, so ist es. Und doch ist es mir total egal. So bin ich eben. Und wer meine Begeisterung oder überhaupt meine Aufmerksamkeit genießt, darf sich glücklich schätzen. In meinen Augen. Denn einmal akzeptiert, wie ich bin, ist es durchaus ganz lustig und schön mit mir. Für mich zumindest, möchte ich an der Stelle breit grinsend anfügen.
Wissen Sie, ich bin extrem wählerisch, habe exakte Vorstellungen von allem und bin ein hoffnungsloser Perfektionist. Mein Pech, wohl wahr. Wie gut also, dass Orte mich stets schweigend willkommen heißen. Oder meine Anwesenheit eben wortlos ertragen müssen. Da lässt sich der spleenische Perfektionismus wunderbar und ungestört ausleben, ohne, dass jemand einem reinquatscht. So nehme ich mir innerlich immer den gedanklichen Freiraum, bereiste Orte - oder besser Plätze - mit allen Sinnen zu erfahren. Nur so lassen sich nach meinem Empfinden Lieblingsplätze herausstellen. Selten sind es ganze Ortschaften, die mich in ihren Bann ziehen. In Kroatien haben das bisher lediglich zwei geschafft. Vielmehr sind es - meist abgelegene - Plätze, die mich mit ihrem ganz eigenen Charme einnehmen. In der Regel keine, die jeder kennt. Ja, nicht einmal besondere oder solche, die man gesehen haben muss. Meine persönlichen Lieblingsplätze scheinen eher meist Situationen geschuldet, in denen ich mich auf besondere Weise aufgehoben gefühlt habe. Das kann der versteckte, kleine, dunkle und für die Mehrheit wenig einladende Kiosk in einer abgelegenen, unschönen Gasse sein, der auf den ersten Blick wie ein Drogenumschlagplatz anmuten mag, bei genauerer Betrachtung aber mehr kroatische Geschichte zu erzählen hat, als es touristische Plätze jemals könnten. Ebenso kann es sich bei von mir präferierten Plätzen des ultimativen Wohlfühlambientes um ein heruntergekommenes altes Steinhaus halten, vor dem die alte Besitzerin auf einem klapprigen Tisch ebenso wackelig, aber herzlich, warm und stolz ihre liebevollen Handarbeiten vorstellt. Auch ruhigen und rustikalen Lokalitäten, in denen es ein Leichtes ist, mit interessanten Fremden in lebhafte und fruchtbare Gespräche zu kommen, steht mein Herz offen. Ganz wie bei Mama und Papa fühlt man sich in der Stube des Freundes, der bis nachts entgegen aller Absprachen fürsorglich auf einen gewartet hat und mit einer vollen Mahlzeit (auch wenn man gerade vom Essen kommt), einem Wein (auch wenn man gar keinen mag) und interessiertem Nachfragen (auch wenn man nicht dieselbe Sprache spricht) um mein Wohlbefinden bedacht ist. Gott hab ihn selig! Aber auch ein kleines Denkmal in versteckter Ecke, ein verlassener Weg, wenig prominente Aussichtspunkte, eine offiziell inoffizielle Ortskneipe oder der Platz, an dem mir die alte Bäuerin frisch gepflücktes Obst für meine Kinder in die Hand drückt oder der Kleine als Baby bei einem Abendspaziergang in Dunkelheit den kroatischen Wind um's Näschen ebenso inhalierte wie ich.... all diese besonderen Plätze, die zauberhafte Situationen mit unbeschreiblichen Emotionen schaffen, sind meine persönlichen Lieblingsorte in Kroatien.
Wie gesagt, ganze Ortschaften oder Städte haben es eher schwer bei mir. Oder ich bei ihnen - wie man es nimmt. Bislang haben lediglich zwei Orte mein Herz erreicht. Ich verrate Ihnen nur einen von beiden, denn ich teile so ungern meine Herzensschätze. Bale in Istrien ist für mich so ein Ort. Ein Ort, der mich in seiner Gesamtheit so überwältigt hat, dass man von Liebe auf den ersten Blick sprechen kann. Der zweite Ort soll meine künftige Heimat sein, weswegen ich nichts Näheres davon preisgeben möchte. Nur soviel: Hätte ich den Ort seinerzeit vom Ortsausgang her befahren, weiß ich nicht sicher, ob er mich gleich so angesprochen hätte, wie er es nach der längeren Anfahrt, die ich damals bewusst gewählt hatte, getan hat. Es war tatsächlich die etappenhafte Art und Weise, die mich behutsam, aber sehr verführerisch dorthin gebracht hat. Hier war tatsächlich der Weg das Ziel. Mit einem wahren Diamanten bei der Ankunft. Und das in jeder erdenklichen Hinsicht. Doch auch hier: Für viele wären die Aspekte, die ich dort als herausragend erachte, wahrscheinlich nicht einmal sichtbar. Das allein macht mich schon sicher, meinen Schatz gefunden zu haben. Ich bevorzuge eben das Beste vom Besten. Mein Bestes wohlgemerkt.
Schon mein allererster Kroatienaufenthalt führte mich ebenfalls in zwei Orte, die ich bis heute als Lieblingsorte bezeichnen würde. Also tatsächlich sind es dann wohl vier Lieblingsorte, doch betrachte ich die zuerst bereisten eher als Eintrittstor in eine Welt, die meine sein soll(te), nicht aber als eine sich erschließende Verknüpfung zu meiner Seele. Jedenfalls noch nicht. Ich sag ja, ich bin kompliziert. Mich zu überzeugen ist nicht einfach. Das vermögen nur einzigartige Juwelen zu schaffen. Und die sind eben rar und müssen mich zudem finden, nicht umgekehrt. Mein Platz, mein Ort und mein Herz befindet sich in Dalmatien, soviel verrate ich Ihnen. Wo ist Ihr Lieblingsplatz oder -ort in Kroatien? Oder bevorzugen Sie auch eher unbeschreibliche Geheimplätze?
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