Neulich schrieb ich in einem Blog über Augenblicke. Die kurzen Momente des Lebens, die unser Dasein (er)füllen. Mit Emotionen. Ich habe mich daher gefragt, ob es wohl so etwas wie kroatische Momente gibt? Sogleich fielen mir natürlich welche ein, die ich gerne mit Ihnen teilen will. Und dazu braucht es weder Kroatien, noch Kroaten, um kroatische Momente zu erleben. Man kann sie sogar ganz einfach selbst gestalten...
Denken Sie doch nur an das morgendliche Schnäpschen... nein, lassen wir das. Beginnen wir lieber mit etwas leichterer Kost.
Nehmen wir also statt des Alkohols am Morgen die Extraportion Schimpfwörter, mit der sich ebenso kroatisch in den Tag starten lässt. Allein auf dem Weg zur Arbeit sollten sich - gerade in Deutschland und bevorzugt bei der Deutschen Bahn - doch etliche Gelegenheiten bieten, sich verbal so richtig gehen zu lassen. Kleiner Tipp: Das Ganze am besten auf Kroatisch, sodass Sie statt einer wütenden Gegenreaktion oder dem Einschalten der Polizei eventuell den Ausländerbonus ernten, da man Sie aufgrund Ihrer scheinbar nicht vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse bemitleiden bzw. eben einfach nicht verstehen wird. Es sei denn, Sie geraten an einen Landsmann. Dann nehmen Sie wahlweise ganz schnell die Beine in die Hand oder widmen sich versöhnlich zusammen der eingangs erwähnten Morgenmedicina. Kroaten dürfen das. Fällt ebenfalls unter Ausländerbonus. Kultur und so.
Sollten Sie nicht der Typ für öffentliche Szenen sein, böten sich alternativ auch kroatische Momente im Verborgenen an. Ausreichend Inspirationen erhalten Sie bei Politikern jeglicher Herkunft oder beim Autohändler Ihres Vertrauens. Um Ihnen auf die Sprünge zu helfen: Ein Deutsch-Kroate verriet mir einmal die Geisteshaltung seiner kroatischen Landsleute. Seine Behauptung bestand darin, dass ein Kroate schon beim ersten Handschlag überlegen würde, wie er den anderen über den Tisch ziehen könne. Selbst eventuelle Verwandtschaftsverhältnisse spielten bei diesen Zwangsgedanken angeblich keine Rolle, bahauptete besagter Herr weiter. Erfahrungsgemäß möchte ich das nicht bestätigen. Ausschließen aber auch nicht. Um Sie nicht zu illegalen Taten zu animieren, empfehle ich Ihnen zur Auskostung solch nervenkitzelnder, kroatischer Momente natürlich ausschließlich die Monopoly-Variante. Garantiert gibt es auf dem Markt bereits eine, die auch die sehr spezielle Geschäftstüchtigkeit mancher Kulturen berücksichtigt.
Für die weniger mafiös veranlagten Menschen unter Ihnen käme als kroatischer Moment vielleicht Sex infrage? Wie es heißt, hat der typische Deutsche davon ja nicht allzu viel. Also ebenfalls Gelegenheit zu einem - wenn auch kurzen, nema problema - kroatischen Moment. Das ruft im Normalfall nicht gleich die Behörden auf den Plan und trägt - ebenfalls im Normalfall - erheblich zu Ihrer Gesundheit bei. Aber was ist bei den Kroaten schon normal? Und gibt es eigentlich typisch kroatischen Sex? Was sagt man den Kroaten in dieser Richtung nach? Wo ich Sie schon an meinen zugegebenermaßen wirren Gedankengängen teilhaben lasse, spinnen wir dieses Kopfkino doch einmal weiter. Was meinen Sie? Wie sind Kroaten in sexueller Hinsicht gestrickt? Der gemeine, samstäglich autowaschende Deutsche mag hier spontan bestimmt das Bild eines heißblütigen Südländers im Kopf haben, der zu jeder Zeit mag - und auch kann. Quasi allzeit bereit. Halten wir uns jedoch den gemütlichen Durchschnitts-Dalmatiner vor Augen, wird dieses hoch erotische Bild sogleich getrübt. Zu bequem sein Gemüt, zu langsam seine Reaktionsfähigkeit, zu amüsant seine Bademode (Sie erinnern sich vielleicht). Überlassen wir das Klischee lustvoller Liebeleien einfach weiterhin den Italienern. Doch, gönnen wir es ihnen. Sie haben dafür die unschönere Küste. Da muss man sich zwangsläufig mit schönen Dingen des Lebens ablenken.
Genug frustriert? Dann eben Frustessen, na gut. So richtig kroatisch zählt dabei jedoch nur das Vollstopfen bis zum Umfallen und Grundsätzlich-für-mindestens-zehn-Leute-Kochen. Könnte ja sein, dass der Nachbar, die Cousine, ein Freund oder der Postbote vorbeikommen. Oder ein hungrig anmutender Spaziergänger des Weges geht. Für den deliziösen kroatischen Moment verbietet sich ein Nein übrigens zu jeder Zeit. Ganz gleich, ob Sie gerade auf Diät sind, keinen Appetit verspüren, während des Essens bereits unter Magenkrämpfen leiden, gerade aus dem Restaurant kommen oder es mitten in der Nacht ist. Was auf den Tisch kommt, wird gegessen. Restlos. Und wagen Sie es ja nicht, auch nur das dekorative Salatblatt auf dem Teller zu belassen. Es könnte der Eindruck entstehen, dass es Ihnen nicht geschmeckt hat. Freuen Sie sich außerdem bloß nicht zu früh, wenn Sie es endlich geschafft haben, sich die üppige Mahlzeit in einem schweren Kampf einzuverleiben. Der Nachtisch und die Käseplatte warten bereits. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Am Ende landen wir beim Versuch des Schaffens kroatischer Momente doch wieder beim Medicina. Warum also nicht doch gleich den Tag damit beginnen?
Sind Sie Deutscher, vergessen Sie am besten alles, was ich geschrieben habe. Man würde Sie umgehend in die Psychiatrie einweisen, machten Sie hier einen auf Kroaten. Aber auch als Kroate im Ausland will man ja nicht unangenehm auffallen und wartet daher lieber auf den nächsten Heimaturlaub, um den lässig-aufgebrachten und leidenschaftlichen Macho-Kroaten raushängen zu lassen. Nun habe ich auch endlich die Erklärung für das Gehabe der Deutsch-Kroaten in Kroatien gefunden und weiß jetzt noch besser, was ein ebensolcher einst damit meinte, als er mir sagte, die Deutsch-Kroaten in Kroatien seien tausendmal schlimmer als die dortigen Kroaten. Lassen wir das abschließend ruhig so stehen, ich habe es ja nicht gesagt.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen spannenden und herausfordernden Tag mit - wenigstens unvergesslichen - Momenten. Prost und viel Glück!