Die Stimme Kroatiens

19:21 / 16.06.2023.

Autor:

Bucketlist Kroatien

Sonnenuntergang Brela

Sonnenuntergang Brela

Foto: Dana Jungbluth / HRT

Meine Sehnsucht nach Kroatien kann ich inzwischen gar nicht mehr in Worte fassen, es zerreißt mich innerlich, trotz erschöpfender und lähmender Leere, die ich oftmals verspüre. Nun könnte man sagen, "dann flieg halt hin", doch um es kurz und knapp zu beantworten: Geht grad nicht. Immer noch nicht. Aber wie überbrückt man die Zeit? Immer und immer wieder?


Auf sich selbst schauen


Gestern Morgen kamen in unserer Familien-Mädels-WhatsApp-Gruppe, in der wir uns vorrangig über verschiedene künstlerische Aktivitäten, aber eben auch über diversen Frauenkram austauschen, die Themen Zeit, Dankbarkeit, Reue und Ziele auf. Abgesehen davon, wie bewundernswert das weibliche Geschlecht in meinen Augen doch immer wieder ist, wie begabt, wie stark, wie kämpferisch, wie inspirierend und lehrreich, dass Scham einfach fehl am Platz ist oder sein sollte, war "Ziele" für mich das Stichwort, um über die eigenen nachzudenken. Das mache ich zwar, mal freiwillig, mal gezwungenermaßen, ohnehin regelmäßig, doch seit einiger Zeit gehe ich dabei endlich mal egoistischer vor, zumindest versuche ich mich darin. Lange genug habe ich diese Vorgehensweise bei anderen beobachtet und oft genug aus Rücksichtnahme selbst darauf verzichtet. Was für ein Unsinn, wenn man leben möchte und Träume hat.


Vorstellung von Leben


Was aber sind meine Wünsche für mein Traumziel einer Auswanderung nach Kroatien, was erhoffe ich mir dort oder dadurch? Dazu habe ich mir eine Bucketlist zusammengestellt, nur für Kroatien. Vorab sei gesagt, dass ich mir über das eigene Glück, das allein in einem selbst und nicht etwa an einem anderen Ort liegt, durchaus bewusst bin. Und dennoch zieht es mich eben "runter" - nach Kroatien. So viele Hürden mein dortiger Alltag allein im Hinblick auf Formalitäten, Sprache, Infrastruktur, Kontakte oder Gesundheit auch hätte, so viel, wenn nicht mehr, würde er mir an Genuss, von dem ich hier meilenweit entfernt bin, schenken, da bin ich mir sicher. Und ich lasse dabei die Oberflächlichkeiten wie tolle Landschaften, schöne Feste, das unvergleichliche Meer oder ähnliches mal außen vor. Denke ich an alltägliche Dinge wie das Einkaufen, Gänge zur Post oder Termine bei der Bank, bekomme ich innerlich zwar leichte Anflüge unkontrollierter Aggressionen, doch sind solche Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit in Kroatien zeitgleich um ein Vielfaches angenehmer als in Deutschland. Alles klein, übersichtlich, persönlich, ruhig. Nicht hektisch, bedrängend oder unter Ablenkung unnötiger Konsumgüter. Auch wenn die Preise in den Geschäften ebenso unverschämt sind, so hat ein Einkauf in einem kleinen Lädchen mit begrenzter Auswahl doch was angenehmes, gleichwohl mir die Süßigkeitenregale doch sehr fehlen; doch dazu bald mehr. Ebenso sind kroatische Märkte so völlig anders, wahrlich etwas zum Stöbern, Entdecken, Staunen und so viel Selbstgemachtes. Während bei uns neben zwei bombastisch beschilderten Ständen mit dem jeweiligen saisonalen Obst und Gemüse nur noch der Imbisswagen mit den sich drehenden und brutzelnden Hähnchen zu finden ist, kann man in Kroatien mitunter die Tiere sogar noch lebendig ergattern. Ich gebe zu, ich ziehe den verführerischen Hähnchenduft dem Lebendvieh vor, und dennoch hat es etwas. Wahrscheinlich die gesamte Atmosphäre. Des Plauschens, der Gemütlichkeit der Verkäufer und des Handelns.


Genuss von Freiheit


Neben kleinen, urigen Geschäften und Märkten und einer völlig anderen Einkaufsatmosphäre, stehen auf meiner Bucketlist für Kroatien außerdem Abendspaziergänge. Wie ich es liebe, am Abend nochmal vor die Tür zu gehen und die beruhigende Atmosphäre des Tagesausklangs zu schnuppern. Ein absolut aufregender Luxus, den ich mir in Deutschland schon seit unzähligen Jahren nicht mehr genehmige; zum einen, weil es tatsächlich zu gefährlich ist und ich Angst habe, zum anderen, weil wir Deutsche ohnehin nicht so die Abendspaziergänger sind. Wir klappen ziemlich pünktlich nach Feierabend die Bürgersteige hoch, von entspanntem Freizeitfeeling keine Spur. Was bleibt, ist das tägliche hektische Arbeitstreiben auf den Straßen. Das kann man hier zur Genüge inhalieren. Auf meinen Spaziergängen in Kroatien verhalte ich mich meist wie jemand, der zum ersten Mal in seinem Leben die Natur erlebt. Ich bleibe an jedem Steinchen und Stöckchen stehen, bin ganz erstaunt, was da so fliegt, kriecht und krabbelt und bewundere diese verzaubernde und einnehmende Stille - mit all ihren wohltuenden Geräuschen darin. Auch das Autofahren fühlt sich in Kroatien ganz anders an, womit wir beim nächsten Punkt meiner Liste wären. Zwar begibt man sich mitunter durchaus in Lebensgefahr, da man in Kroatien offensichtlich weder Führerschein noch Verkehrsregelkenntnisse benötigt, abenteuerliche "Straßen" machen den Anschein, dass nicht einmal ein Fahrrad durchpasst und beim Schlängeln durch diverse Serpentinen kommt einem fast alles hoch, aber doch ist es ein Genuss, durch Kroatiens atemberaubende Landschaft zu cruisen, weil es einem ein unvergleichliches Freiheitsgefühl schenkt. In der Mehrheit sind die kroatischen Straßen übrigens mit Abstand besser in Schuss als die deutschen und in Pula habe ich beispielsweise das erste (und bislang einzige) Mal beleuchtete Zebrastreifen gesehen. Und Doppelkreisel. Kannte ich nicht. Noch nie gesehen, geschweige denn befahren. So bin ich dann auch da durch, mittendrin einfach mal in den inneren Kreis gewechselt. Meinetwegen gab es in und rund um Pula ständig Hupkonzerte. Ich schätze, man wollte damit meine vorbildliche deutsche Fahrweise beklatschen. Lassen Sie mir die Illusion, sonst traue ich mich dort nie wieder Auto zu fahren. Wobei Selbstfahren definitiv besser ist, als bei einem Kroaten ins Auto zu steigen! Ich erinnere mich an eine Fahrt, bei der ich sicher war, dass es meine letzte sein würde, so schnell und waghalsig bretterte der Herr mit seinem fragwürdigen Auto (im Leben gibt es keinen TÜV in Kroatien!) über die Straßen. Wahnsinnige Überholmanöver, Bremspedal offenkundig keines vorhanden und die Musik meine verzweifelten Stoßgebete fast übertönend. Fast. Ich habe es ja, Gott sei Dank, überlebt. Doch auch einen überaus vorbildlichen Fahrer durfte ich in Kroatien tatsächlich erleben. Auf mein erstauntes Nachfragen, warum er so anständig fährt, meinte er scherzhaft, er wolle mich nur beeindrucken. Das wollte der Raser sicherlich auch. So haben beide auf ihre Weise immerhin einen bleibenden Eindruck hinterlassen.


Ein Zuhause


Was die Mobilität angeht, gibt es neben meinen eher unspektakulären und vielleicht weniger nachvollziehbaren Alltags-Bucketlist-Punkten doch noch den ein oder anderen luxuriöseren Allerweltswunsch. Ein Traum wäre es, alle Inseln Kroatiens zu bereisen und gesehen zu haben. So käme ich auch gleich zu diversen Boots- oder Fährfahrten, die ich so gern mag. Nicht zu vergessen ist natürlich die kroatische Mentalität, die, oftmals weit anstrengender als meine eigene, das passendste Zuhause für meine Wenigkeit wäre. Eine Hoffnung auf ein ausgeglichenes Verhältnis von nötiger Ruhe und liebender Gesellschaft. Und vielleicht ist mir ja in diesem Leben sogar noch etwas kitschige Meerromantik mit zweisamen Spaziergängen bei Sonnenuntergang vergönnt. Geborgenheit.


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